Bruno Haberzettls Karikaturen zeigen Missstände auf, hinterfragen und kritisieren politische Machenschaften und verweisen auf die gleichgültige Haltung vieler Menschen gegenüber gesellschaftsrelevanten Themen und Ereignissen. Was erwartet die Menschen in seinem neuen Buch »Brunos nackte Tatsachen«?
»Brunos nackte Tatsachen« (Ueberreuter Wien, 2014)
Drei ältere Damen sitzen bequem auf einer für Museen typischen Sitzgelegenheit. Sie betrachten eine überlebensgroße Darstellung eines nackten, liegenden Mannes. Sein Geschlechtsteil wird vom Kopf einer der Damen bedeckt, sein Gesicht befindet sich außerhalb des Bildausschnitts. Das Coverbild von „Brunos nackte Tatsachen“ mit dem Titel „Eine Ausstellung im Leopold-Museum über nackte Männer: „So was hätt’s zu unserer Zeit net gegeben!”, nimmt Bezug auf eine Ausstellung, die im Jahr 2012 für große Aufregung in Österreich gesorgt hat.
Das Vorwort des Zeichners
Ausgehend von einem Erlebnis in seiner Kindheit stimmt Haberzettl die Leser_innen für das bevorstehende ein. Als Schüler in einem Zugwaggon, umgeben von Hardcore-Fußballfans, war er fasziniert von den Menschen um ihn. Schon damals schien er seinen Blick für das Wesen des Menschen zu schärfen, eine Basis für seine Tätigkeit als Karikaturist. Denn als solcher möchte er den Protagonist_innen aus Gesellschaft, Politik und Wirtschaft „die Masken herunterreißen“ um den Betrachter_innen „deren wahres Gesicht zu offenbaren“. Eine weitere Intention für das hier besprochene Buch ist das Erinnern an Ereignisse der letzten Jahre, die in Vergessenheit geraten/geraten sind.
Elf Kapitel – Humor ist, wenn man trotzdem lacht …
Der Hauptteil des Buches ist in elf Kapitel unterteilt. Große Farbabbildungen der Zeichnungen werden mit wenigen Worten erläutert.
Links: Fremdenfreundlich sind sie, die Österreicher. Zumindest im Tourismus. Man ist bemüht, allen Gästen die gleiche Aufmerksamkeit zuteilwerden zu lassen …, 2011 | © Bruno Haberzettl
Rechts: Das Fischen im gemeinsamen Wählerteich wird – oberflächlich betrachtet – recht gesittet und entspannt angegangen, 2013 | © Bruno Haberzettl
Haberzettl gibt Einblick in das instabile Selbstbild einer Nation, wenn er beispielsweise im Kapitel »Mir san mir. Über den Österreicher und seine Selbstwahrnehmung« schonungslos und gekonnt Selbstbetrug, Verdrängung, Ignoranz und Hilflosigkeit von und bei Herr und Frau Österreicher visualisiert. Themen wie trügerische Landidylle, Tourismus, Jagd oder die österreichische Debatte ums Anti-Rauchgesetz finden Einzug in die grafische Auseinandersetzung. Humorvoll beschreibt Haberzettl Anekdoten und Ereignisse der österreichischen Polit-Prominenz – vor, beim und nach so manchem eingetroffenen oder ausgebliebenen Wahlerfolg im Kapitel »Wahlkampfgetöse«.„Wozu einen Hypoausschuss ? – Wir haben alles im Griff …“ | © Bruno Haberzettl
Brandaktuell – das außer Kontrolle geratene Hypo. Doch auch viele andere Schlagworte (kann wohl auch wörtlich genommen werden) der letzten Jahre, wie Situationselastik, Untersuchungsausschuss, Transparenzpaket, Sicherheitskonzept, Schuldenbremse, Budgetloch, Bankgeheimnis, xy-Reformen etc. finden künstlerische Umsetzung.
Links: Anfüttern …, 2011 | © Bruno Haberzettl
Rechts: Erste, leichte Anzeichen einer allergischen Reaktion … | © Bruno Haberzettl
Schüttelfrost und unschöner Hautausschlag als Folgen der »Tristesse des politischen Alltags«, bei dem die beidseitige Inkompetenz verbindend wirken kann, das Triple A der Ratingagentur ein reines Glücksspiel ist, endlich geklärt wird wie Anfüttern funktioniert und die Menschen erfahren, wo der Gott der österreichischen Volkspartei wohnt. Dabei gelingt es Haberzettl die menschlichen Züge von ansonsten wohl häufig eher unsympathisch wirkenden Politiker_in sichtbar zu machen. In „Nicht für die Schule …“ zeichnet Haberzettl »Über Betonierer, Äffchen, Lady Gaga und den leidigen Pisa Test« inklusive mögliche Zukunftsszenarien.
Links: Eines der größten Idole der Jugend ist Lady Gaga! Auch die Wirtschaft profitiert davon …, 2013 | © Bruno Haberzettl
Rechts: Ungetrübter Badespaß, 2012 | © Bruno Haberzettl
An vielen Stellen trifft den _die Betrachter_in die innewohnende Dramatik der verschiedenen Themen, wie ein Schlag ins Gesicht. Beispielsweise im Kapitel »Naturlieb Ja – Aber« hier findet das „Atommonster“, das der Mensch nicht unter Kontrolle hat, das scheinbar unaufhaltsame Bienen- und Fischsterben und Kritik an der Umweltpolitik konkreter politischer Parteien, Einzug in Haberzettls Zeichnungen.
Haberzettl greift neben vielen anderen auch das Thema Überwachung auf und übt Kritik an Machthaber_innen. Abschließend lässt er »Österreichs Dancing Stars« übers Parkett tanzen, die freudvoll und sorglos ihr zerstörerisches Dasein feiern – für alle gilt natürlich die Unschuldsvermutung.
Weihnachtschoral der Unschuldsvermutung, 2012 | © Bruno Haberzettl
Bruno Haberzettls Zeichnungen sind humorvoll und tragisch zugleich. Liebevolle Details verschmelzen mit radikal dramatisierender Reduktion. Obwohl in Anbetracht der Tatsachen, durchaus Entsetzen, Wut, Traurigkeit oder Hoffnungslosigkeit entstehen können, schafft es Haberzettl ein Lachen in die Gesichter der Betrachter_innen zu zaubern.
Jede Woche befindet sich in der Sonntagsausgabe der Kronenzeitung eine Karikatur von Bruno Haberzettl. Für alle, die gerne Originalgrafiken des Künstlers bestaunen möchten, bietet sich demnächst eine Gelegenheit in Linz:
Bruno Haberzettl – „Brunos nackte Tatsachen“
Die Ausstellung zum Buch des Karikaturisten
(Kuratorinnen: Jasmin Maria David und Victoria Windtner)
NEXTCOMIC-Festival 2015
(Christian Wellmann, NEXTCOMIC-Kurator/Organisation)
20.–27. März 2015
Club-Galerie der Dr. Ernst Koref-Stiftung
Landstraße 31/1. Stock
4020 Linz
Öffnungszeiten: Dienstag bis Donnerstag: 16:00 bis 19:00 Uhr
Freitag/Samstag: 14:00 bis 19:00 Uhr, Sonntag 10:00 bis 17:00 Uhr
Ausstellungseröffnung am 19. März 2015, 19:45 Uhr, unter Anwesenheit des Karikaturisten Bruno Haberzettl inklusive der Möglichkeit Bücher zu kaufen und von Bruno Haberzettl signieren zu lassen.
Bruno Haberzettl – Brunos nackte Tatsachen
Grafiken: Bruno Haberzettl
Texte: Bruno Haberzettl
Format: 23 x 26 cm
Seiten: 160
Umschlag: Hardcover
Verlag: Carl Uberreuter, Wien 2014
Preis: 24, 95 €
ISBN: 978-3-8000-7597-3
Alle Bilder: © Bruno Haberzettl. Mit freundlicher Genehmigung von Bruno Haberzettl zur Verfügung gestellt von Carl Ueberreuter Verlag – Vielen Dank!
Text: Victoria Windtner
Hallo Erwin Siebenhandel!
Danke für Ihren Besuch und ihr Kommentar.
Ich schätze Bruno Haberzettel ebenfalls sehr und bin immer wieder begeistert von seiner pointierten und niveauvollen, gesellschaftskritischen Kunst.
Freundliche Grüße nach Seekirchen,
victoria w.
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BRUNO HABERZETTL IST FÜR MICH DER BESTE KARIKATURIST UND ES KOMMT IHM KEINER NACH DEN NIEMAND MACHT SO GUTE UND ORIGINALE BILDER WIE DER BRUNO HABERZETTL
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